Ortschronistentagung 2025 in Dassow
Fachtagung für Ortschronistinnen und -chronisten in Dassow
Am Samstag, den 15.11.2025, fand in der Dornbuschhalle in Dassow die diesjährige Fachtagung statt. Dr. Florian Ostrop von der Stiftung Mecklenburg und Dr. Reno Stutz als Tagungsleiter konnten erneut mehr als 50 Gäste begrüßen. Darunter waren auch wieder einige Mitglieder unseres Vereins. Nach den einleitenden Grußworten, unter anderem von unserem Vorsitzenden Andreas Parlow, ging es mit dem interessanten Programm los.
„1000 Jahre Kirche in Mecklenburg?“ fragte Stefan Pohlke aus Dassow. Seit wann gibt es den christlichen Glauben und damit auch Kirchen auf heute mecklenburgischem, damals slavischem Gebiet? Bei seiner Beschäftigung mit den verfügbaren Quellen (z.B. Chronisten Adam von Bremen und Helmod von Bosau, archäologische und dendrochronologische Untersuchungen usw.) stellte er fest, dass der Slavenfürst Nakon, der wohl das Geschlecht der Nakoniden begründete, als christlicher König des Westens bereits 965/67 erwähnt wurde. Ob das so stimmt, ist heute leider nur schwer nachzuweisen, denn die Chronisten waren nicht unbedingt Zeitzeugen. Archäologische Befunde gibt es für die ersten Kirchen leider auch nicht. Die ältesten Befunde kirchlicher Bauten befinden sich mit einzelnen Hölzern in den Dachstühlen der Kirchen, zum Beispiel in Dassow. Sie stammen aus dem 12. Jahrhundert.
Nach der Kaffeepause berichtete Manfred Rohde über seine gerade erschienene und ergänzte Neuauflage der Ortschronik „Kalkhorst – die facettenreiche Geschichte eines mecklenburgischen Gutsdorfes“. Auf mehr als 530 Seiten beschreibt die Chronik die Entwicklung des Ortes. Historisch bedeutsame Namen tauchen darin auf: Schliemann, Lenin, Frahm, Brandt, Himmler… Die Kirche und das Gutshaus prägten über Jahrhunderte den Ort, der insbesondere mit der Familie von Both verknüpft war. Ein spannender Bericht eines engagierten Hobbyhistorikers.
Gleich im Anschluss daran stellte Olaf Both (wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Mecklenburg) seine Arbeit zur Erfassung und Dokumentation der noch vorhandenen niederdeutschen Hallenhäuser vor: „500 Jahre niederdeutsches Hallenhaus in Nordwestmecklenburg“. Die ältesten bisher dokumentierten Häuser aus dem 14. Jahrhundert befinden sich in Klein Siems (1492), Groß Neuleben (1482), Sülstorf (1486) und Retelsdorf (1409). Oft sind die Dokumentationen leider auch Abbruchdokumentationen, da Sanierungsversuche vielfach im Abbruch enden. Unterstützt durch etliche Fotografien wurde die Vielfalt und die besondere Struktur der alten Häuser deutlich. Im Anschluss des Vortrages gab es sehr viele Fragen, die sich insbesondere um die Verluste dieser alten Baukultur drehten.
Nach einer Mittagspause mit vielen Gesprächen ging es mit der Geschichte eines Gutshaus weiter. „Das Johannstorfer Herrenhaus und seine Erbauer“ wurde uns von Lutz Pinnecke aus Pötenitz vorgestellt. Traurige Berühmtheit erlangte das Haus unlängst durch einen verheerenden Brand im Sommer. Das zwar leerstehende, aber grundsätzlich bestandsgesicherte Haus brannte fast komplett aus. Es soll noch bis zum Winter durch Bundesmittel gesichert werden. Die Familie von Buchwald aus Holstein bestimmte lange Zeit das Geschehen vor Ort. 1743 erbaut Schack von Buchwald, ein Domherr von Lübeck, das nun abgebrannte Haus. Schon 1767 musste er das Haus wieder verkaufen und starb 1767 in Lübeck.
Der letzte Vortrag beschäftigte sich mit einem zeitgeschichtlichen Thema: „Die regionale Geschichte der innerdeutschen Grenze und offene Forschungsfragen“. Dr. Andreas Wagner, der Leiter des Grenzhus in Schlagsdorf, berichtet über die Arbeit in seiner Dokumentationsstätte zur deutschen Teilung und ordnete die Maßnahmen des Grenzregimes der DDR zeitlich und historisch ein. Besonders die regionale Situation an der Grenze war für die anwesenden Chronisten von Interesse. Er stellte den aktuellen Forschungsstand zur Geschichte der Grenze dar und beleuchtete sie auch von der westlichen Seite, dem „Zonenrandgebiet“. Heute ist die ehemalige Grenze nicht nur ein Mahnmal der Deutschen Teilung, sondern auch ein Naturschutzgebiet von überregionaler Bedeutung (Grünes Band). Oft wird diese Zeit in den Ortschroniken aus diversen Gründen noch ausgelassen, das zeigte sich in der langen Diskussion im Anschluss an die Präsentation.
Die „Blaue Stunde“ zum fachlicher Austausch und zur Vorstellung eigener Werke beendete den sehr interessanten und informativen Tag. Wir bedanken uns bei Simone Natzel, die durch ihre unermüdliche Arbeit im Hintergrund die Veranstaltung erst rund machte. Wir konnten viele Gespräche führen und auch einige unserer Publikationen verkaufen. Mit dieser Veranstaltung endet die Reihe der Ortschronistentagungen für das Jahr 2025. Erst im Frühjahr geht es dann in Güstrow weiter. Wir werden wieder dabei sein.
(Text und Foto: A. Adam)